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11.10.2024

AGDW - Die Waldeigentümer: Europa in der Waldpolitik neu ausrichten

 

Europa in der Waldpolitik neu ausrichten
AGDW-Waldsymposium nahm Chancen von Vielfalt und Freiheit zur Erreichung umweltpolitischer Ziele in den Fokus

Berlin, 11. Oktober 2024.
„Europa nach der Wahl: EU-Waldpolitik neu ausrichten.“ Unter diesem Motto fand am 10. Oktober das diesjährige Waldsymposium der AGDW – Die Waldeigentümer statt. In hochkarätigen wissenschaftlichen Impulsen und auf prominent besetzten Podien wurden die drängendsten Fragestellungen für Waldeigentum und Forstwirtschaft in der nächsten Amtszeit der EU-Kommission und der gerade begonnenen Wahlperiode des Europaparlaments aufgegriffen und mit den rd. 150 Teilnehmenden diskutiert.
Mit umweltpolitischen Begründungen hat die Europäische Union in den vergangenen Jahrzehnten vermehrt in die Wald- und Forstpolitik eingegriffen – obwohl die Zuständigkeit für Wald und Forst eigentlich nicht in Brüssel, sondern in den Händen der 27 Mitgliedstaaten liegt. Diese Tendenz europapolitischer Eingriffe hat mit dem 2019 von der EU-Kommission angestoßenen umweltpolitischen „Green Deal“ deutlich zugenommen. „Es muss verstärkt diskutiert werden, welche Aufgaben auf die nationale, die regionale und auch die lokale Ebene zurückverlagert werden können“, unterstrich vor diesem Hintergrund Dr. Peter Hefele, Direktor Politik bei der Brüsseler Denkfabrik „Wilfried Martens Centre for European Studies“. Am Zuge sieht der Brüsseler Experte hier neben der EU-Kommission nicht zuletzt das Europaparlament. Zugleich rechnet Hefele damit, dass sich die politische Grundrichtung zur wirtschaftlichen Transformation fortsetzt. Davon geht auch Prof. Georg Winkel von der Universität Wageningen aus. Er steuerte den Impuls in der Session „Europäische Forstwirtschaft in der Regulierungszange“ bei. Leitfrage der Session war: Wie erreichen wir eine andere Politik, die Flexibilität und Freiheit auf der Fläche wieder klar in den Vordergrund stellt? Als wichtige Größen in der politischen Diskussion nannte Winkel den Kampf gegen und die Anpassung an den Klimawandel, den Erhalt von Biodiversität und die Nachhaltigkeitstransformation der Wirtschaft. Als Aufgabe für die EU-Waldpolitik sieht er den Ausgleich verschiedener Interessen am Wald.
Am konkreten Beispiel der Biodiversitätspolitik ging Prof. em. Michael Suda von der Technischen Universität München der Frage nach, wie Freiwilligkeit, Kooperation und Anreize gestärkt werden können, um die allgemein anerkannten Ziele im Naturschutz zu erreichen. „Es ist an der Zeit, die Vielfalt der Eigentümer nicht als Problem, sondern als Chance zu begreifen. Wenn wir nach brauchbaren Lösungen suchen, sollten wir Experimente zulassen und dafür sind Freiheitsgrade die Voraussetzung“, betonte Suda in seinem Impuls zur Session „Europäische Biodiversitätspolitik: Pluralität und Subsidiarität statt Dirigismus mit untauglichen Leitbildern“.
Rechtsrahmen für Kohlenstoff-Zertifikate in der EU
Welche Aussichten bestehen, wenn auf Freiwilligkeit für die Ausgestaltung wichtiger Umweltthemen gesetzt wird, wurde auch in der Diskussionsrunde zum „Carbon Removal Certification Framework“ (CRCF) deutlich. Bis 2026 will die EU einen Rechtsrahmen zur Zertifizierung der Kohlenstoffentnahme (Carbon Removal) vorlegen. „Die CRCF-Verordnung stellt den ersten EU-weiten Rahmen für die Zertifizierung von Kohlenschutzleistungen des Waldes dar“, erklärte Michael Köhl, Professor für Weltforstwirtschaft an der Universität Hamburg, zum Stellenwert der CRCF-Verordnung der Europäischen Union in seinem Vortrag. Für Waldbesitzer schaffe die Verordnung Klarheit über die notwendigen Maßnahmen zur Generierung von CO2-Zertifikaten. „Es ist zu erwarten, dass sich durch die Vorgaben der CRCF-Verordnung die Kosten für die Erstellung und den Handel mit CO2-Zertifikaten verringern“, sagte Köhl. Kritisch zu beurteilen seien die von der CO2-Verordnung festgelegte Haftungspflicht der Waldbesitzer beim Ausfall von Zertifikaten und die Annahme, dass in Produkten gespeicherter Kohlenstoff am Ende der Zertifikatlaufzeit als wieder in die Atmosphäre freigesetzt gelte.
Umdenken in Brüssel gefordert!
Der Klimaschutz ist bekanntlich nur eine der Ökosystemleistungen, die Waldbesitzer erbringen – derzeit meist unentgeltlich. Gleichzeitig schafft die EU-Regulatorik immer neue Kostenbelastungen durch Bewirtschaftungseinschränkungen sowie Monitoring-, Berichts- und Dokumentationspflichten. Auf diese Schieflage ging AGDW-Präsident Prof. Andreas Bitter ein: „Das neu gewählte Europaparlament und die demnächst antretende neue EU-Kommission haben als Erbe aus dem Green Deal eine Reihe umweltpolitischer Projekte auf dem Tisch, bei denen dringend umgedacht werden muss“, unterstrich Bitter. Zu diesen Projekten gehöre allen voran die EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten (EUDR), deren Überarbeitung die AGDW nach der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Verschiebung fordert. Aber auch das Forest Monitoring Law sei zu hinterfragen. „Brüssel muss gemäß dem Subsidiaritätsprinzip bei jedem neuen Vorhaben, ebenso wie bei bestehenden EU-Vorschriften kritisch prüfen: Welchen Mehrwert bringt die EU-Zuständigkeit und welche Belastungen schafft sie? Bei wenig Mehrwert und spürbaren Belastungen muss auf die entsprechende EU-Regulatorik verzichtet werden“, fordert Bitter. Das helfe nicht nur Bürgern und Unternehmen, sondern steigere auch die Zufriedenheit mit der EU in der Bevölkerung.
Ein Foto zur redaktionellen Verwendung können Sie hier herunterladen.

Bildunterschrift Foto (von li.): Prof. em Michael Suda, AGDW-Hauptgeschäftsführerin Dr. Irene Seling, Prof. Georg Winkel, AGDW-Präsident Prof. Andreas Bitter, Prof. Michael Köhl, Bildquelle: Runge/AGDW.

Über AGDW – Die Waldeigentümer
Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände e.V. (AGDW – Die Waldeigentümer) vertritt die Interessen des Privat- und Körperschaftswaldes gegenüber Parlamenten, Bundesministerien, Wirtschaft, Wissenschaft und Öffentlichkeit. Mit ihren 13 regionalen Mitgliedsverbänden steht die AGDW für mehr als zwei Drittel der Waldfläche Deutschlands und die rund 2 Millionen Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer in Deutschland. Eine proaktive Waldbewirtschaftung ist für uns Grundlage nachhaltigen Handelns in Wirtschaft und Gesellschaft. Wir lassen uns leiten vom generationenübergreifenden Verantwortungsbewusstsein für eine in Freiheit und Vielfalt gestaltete Umwelt.

Pressemitteilung der AGDW - Die Waldeigentümer vom 11.10.2024

 


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